
Als Azubi hast Du Pflichten – und klar geregelte Rechte. Ob Du Deine Ausbildung in Flensburg oder in München absolvierst, es gelten die gleichen Rahmenbedingungen. Völlig normal? Bis vor 50 Jahren sah die Azubiwelt noch ganz anders aus.
Autoschrauber mit ölverschmierten Fingern gibt es heute natürlich auch noch.
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Heute heißt der Ausbildungsberuf aber Kraftfahrzeugmechatroniker/in. Neben mechanischer ist auch elektronische Fingerfertigkeit gefragt und Frauen sind längst nicht mehr so selten wie vor 50 Jahren.
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Du kennst Setzkästen nur als Wandschmuck? Früher waren sie notwendiges Werkzeug für Schriftsetzer, die jeden Buchstaben für Zeitungen oder Flugblätter von Hand platzierten.
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Seit August 2007 gibt es keine offizielle Ausbildungsordnung mehr für den Beruf des Schriftsetzers. Der Nachfolgeberuf heißt Mediengestalter/in Digital und Print, Auszubildende erledigen ihr Tagewerk hauptsätzlich am Computer.
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Das Fräulein vom Amt ist schon lange passé.
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Heute sitzen dual ausgebildete Servicefachkräfte für Dialogmarketing im Callcenter.
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Der Azubi hieß Stift und wurde auch gerne mal für Besorgungen losgeschickt. Stundenlanges Fegen der Lagerhalle als Aufgabe war auch keine Seltenheit. Die Azubis waren auf die Gnade ihres Meisters angewiesen. Viele nahmen ihre Ausbildungsverantwortung sehr ernst, einige waren mit ihren Azubis aber nicht gerade zimperlich. Auch „Züchtigungen“ kamen vor und die Auszubildenden mussten an ihre Ausbilder ein „Lehrgeld“ zahlen. Was heute unvorstellbar klingt, war bis vor 50 Jahren Realität in Deutschland. Denn erst 1969 wurde die berufliche Ausbildung gesetzlich geregelt, und zwar mit dem Berufsbildungsgesetz (BBiG).
Einsatz als billige Hilfskraft
Einen „Meilenstein“ in der Entwicklung des hiesigen Berufsbildungssystems nennt die Bundeszentrale für politische Bildung das BBiG. In jedem Fall ist das Gesetz Ergebnis harter und sehr langwieriger politischer Diskussionen: Bereits 1919, also vor 100 Jahren, forderten Gewerkschaften im Zuge ihres Kampfes für Arbeitnehmerrechte einen Rechtsschutz für Lehrlinge. Außerdem wollten sie Unternehmen verpflichten, auch wirklich auszubilden und Lehrlinge nicht nur als billige Hilfskräfte zu benutzen.
Um das klarzustellen: Nicht alle Betriebe behandelten ihre Lehrlinge schlecht, aber es fehlte an verbindlichen Vorgaben über Rechte und Pflichten von Auszubildenden ebenso wie von Ausbildungsstätten.
Erstmals bundesweit einheitliche Regelungen ab 1969
Bis zum ersten Gesetzentwurf, den der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) 1959 vorlegte, sollten aber Jahrzehnte vergehen. Und bis zum fertigen Gesetz brauchte es noch einmal zehn Jahre politischer Diskussionen. Mit dem Inkrafttreten 1969 gab es dann erstmals bundesweit einheitliche Regelungen für die Ausbildung, und zwar für alle Branchen, von Landwirtschaft über Handel bis Industrie und Öffentlichen Dienst. Auch das Handwerk wurde bedacht, hat aber bis heute seine eigenen Bestimmungen: die Handwerksordnung.
Moderne Rahmenbedingungen
Das BBiG wurde zum Erfolgsmodell und gilt bis heute als „Verfassung der Berufsbildung“. 2005 wurde das Gesetz zuletzt reformiert. Nun steht eine weitere Novelle bevor, um die Erfolgsgeschichte fortzuschreiben und die berufliche Bildung für die Zukunft fit zu machen. Ziel sind bestmögliche Bedingungen in der Ausbildung. Dazu zählen zum Beispiel die Mindestvergütung für Auszubildende, die einheitlichen Fortbildungsstufen oder die verbesserten Teilzeitregelungen. Zum 01.01.2020 sollen die Änderungen in Kraft treten.
Regelmäßige „Neuordnung“ der Ausbildungsberufe
Nicht nur die gesetzlichen Rahmenbedingungen werden modernisiert. Immer wieder wurden Berufsausbildungen „neu geordnet“ und „aktualisiert“, je nachdem wie sich die Anforderungen verändert haben. So heißt der Automechaniker von früher längst Kraftfahrzeugmechatroniker, die Ausbildung zum Schriftsetzer gibt es heute nicht mehr, stattdessen erledigen Mediengestalter Digital und Print diese Aufgaben am Computer. Mit der Digitalisierung sind auch ganz neue Berufe entstanden, so gibt es seit 2018 die Ausbildung als Kaufmann oder Kauffrau für E-Commerce.